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Literaturtheorie Keller

Verfasst: Mi 25.Jun 2008, 21:06
von pola
Ich weiß das kommt spät, aber ich brauche ganz dringend eure Hilfe. Da sind ein paar Fragen für die prüfung die ich einfach nicht verstehe.
Vielleicht könnt ihr mir ja helfen. Bitte bitte das wäre supernett.

Welche theoretischen Positionen können Sie mit Kafkas "Urteil" und Walthers "nemt vrouwe disen kranz" verbinden?

Worin unterscheiden sich mittelalterliche von modernen Texten, wenn es um die 'Anwendung' von literaturtheoretischen Positionen geht?

Skizzieren Sie die wichtigsten Positionen Julia Kristevas

vielleicht kann mir ja einer helfen, das wäre supernett.
Danke pola

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Verfasst: Mi 25.Jun 2008, 21:17
von w.e
hallo,

Welche theoretischen Positionen können Sie mit Kafkas "Urteil" und Walthers "nemt vrouwe disen kranz" verbinden?

bei der frage wurde insofern abgeändert, also nur noch kafkas urteil zu berücksichtigen ist.
antwort aus gemeinsamer ausarbeitung:



Hanna:
Bei Kafkas „Urteil“, in dem es um einen Vater- Sohn- Konflikt geht, stellt sich die Frage, ob man für die Interpretation auf Kafkas eigene Biographie zurückgreifen soll, da Kafka ja bekanntlich ein schwieriges Verhältnis zu seinem Vater hatte. Dazu kommt auch die Intertextualität zu anderen Werken Kafkas. (Gregor – Georg) > Hermeneutik
Man kann andererseits versuchen, die Symbolik des Textes aufzulösen: Der Vater, der eigentlich ein alter Mann ist, wird von Georg als Riese empfunden, als er aus dem Bett aufspringt und die Decke abwirft. Diese riesenhafte Erscheinung verdeutlicht die Demontierung von Georgs Abwehrmechanismen und die Gültigkeit des Urteils. Georg hat die Riesenhaftigkeit seines Vaters nur lange nicht wahrgenommen. Die Mutter spielt, obwohl sie tot ist, auch eine wichtige Rolle in der Beziehung zwischen Vater und Sohn. >Strukturalismus
Die Kriegsnarbe des Vaters und das Vokabular (Autoomnibus) ermöglichen eine zeitliche Einordnung.
Interpretiert man „Das Urteil“ nach Freuds psychoanalytischen Theorien, könnte man zu dem Schluss kommen, dass Georgs Persönlichkeit sich in das Über- Ich (welches in seinem Fall der Vater repräsentiert), das Ich (Georg) und das Es (Georgs Brieffreund) unterteilt. Außerdem kann man überlegen, inwiefern Phallussymbolik, Ödipuskomplex und homoerotische Anspielungen (Georgs Gespräch mit seiner Braut über den Freund) in dem Text eine Rolle spielen.
Insgesamt kann man sagen, dass man an diesen Text mit so ziemlich allen Methoden herangehen kann und man wird überall etwas herausfinden, denn dieser Text ist unglaublich vielschichtig und lässt eine Menge Interpretationen zu.

Uli + Co:
Kafkas „Urteil“ stellt eine komplexe Ausarbeitung der inneren Welt der Protagonisten dar. Hauptsächlich läßt sich über das Verhältnis Vater-Sohn sehr stark polemisieren. Am Anfang stellt Kafka den Vater als schwachen, kränklichen alten Mann dar, der im Bett liegt und kaum in der Lage ist sich um sich selber zu kümmern. Doch dies wendet sich abrupt zum Gegenteil als der Vater aufspringt und seinem Sohn anfängt Vorwürfe zu machen. Jetzt plötzlich wechselt die Machtposition des Vaters und er wird zum dominanten Glied in der Erzählung. Dies könnte eine Andeutung auf das gestörte Verhältnis sein, das Kafka selber zu seinem eigenen Vater hatte. Es ruft unweigerlich den Gedanken hervor, in wiefern der Sohn als Masochist und der Vater als Sadist dargestellt werden kann. Ein weiterer Aspekt ist das gestörte Verhältnis des Sohnes zum Freund der im Ausland ist. Auch hier ließen sich freudsche Theorien applizieren, in wie fern es sich dabei um eine Liebesbeziehung der Beiden zu handeln scheint.

Uli + Co (eigentlich als Antwort auf F38, aber auch da viele Anregungen zu Kafka!):
[…Literaturtheorie… siehe F38]
als Beispiel für den Nutzen Interpretation Kafka anhand Strukturalismus + Rezeptionsästhetik…

Die Interpretation des Strukturalismus vernachlässigt bewusst sowohl den biographischen als auch den literatur-, sozialgeschichtlichen Kontext der Erzählung und konzentriert sich auf das Werk und die Frage, was und wie dargestellt wird. Die Art und Weise der Darstellung liefert uns keine Erkenntnis, da es sich hierbei um einen Standardtyp der Erzählliteratur handelt. Hinter der schlichten Chronologie des Textes verbirgt sich ein erschreckender Prozess von der Selbstfindung des Protagonisten hin zum absoluten Selbstverlust. Wie lässt sich diese Entwicklung nun kausal erklären? Die Antwort muss in der bloßen Abfolge der Ereignisse gesucht werden. Es ergeben sich Fragen: Warum geht Georg zu seinem Vater? Warum verurteilt jener seinen Sohn zum Tode und wieso nimmt dieser das Urteil ohne Widersprüche an? Leider lassen sich im Text keinerlei Lösungsvorschläge finden, da das Verhalten des Vaters vollkommen unkommentiert bleibt. Folgt man dem Text, so erscheint die Verurteilung vollkommen willkürlich zu sein. Dies ist also das Ergebnis der strukturalistischen Methode. Sie konnte die Frage nach der Ursache des Urteils nicht eindeutig beantworten, da es im Text selbst keine gibt.
Daran erkennt man die Grenzen literaturtheoretischer Systeme

Die Rezeptionsästhetik wirft zuerst einen Blick auf die sozialhistorischen Bedingungen der Entstehung und die Rezeptionsgeschichte des Werkes. Den Anfang dabei macht Kafkas Biographie. Dort findet man viele Bezüge zu unseren Untersuchungsgegenstand, z.B. das zentrale Verhältnis von Georg zu seinem Vater spiegelt sich in Kafkas eigener Lebenswelt wieder und die Braut Georgs hat ihr Pendant in Kafkas eigenem Leben: Felice Bauer.
Als nächstes wendet man sich der Literatur- und Zeitgeschichte zu. Recht schnell wird deutlich, dass jener weitaus weniger nützlich ist. Die Krise Georgs ist zwar recht typisch für ein Subjekt der Moderne, allerdings sind die meisten Texte zu Kafkas Zeiten dadurch gekennzeichnet. Auch die Beziehung zur Zeitgeschichte ist eher dürftig. So gibt es einen politischen Bezug, da die Geschichte die Entwicklungen im damaligen Russland anspricht. Mit Hinblick auf dies könnte der Vater als Vertreter staatlichen Macht betrachtet werden.
Nun zum letzten Kontext: der Rezeption: er zerstreut etwas eine eindeutige Interpretation: Übereinstimmung vieler Interpreten zur Nicht-Interpretierbarkeit des Textes und dass sich Vater und Sohn nicht verstehen. Manche weisen Georg eindeutig die Schuld am Urteil zu, andere Interpreten gehen eher von einem psychoanalytischen Standpunkt an die Erzählung. So werden der Freund und der Vater nicht als eigenständige Personen, sondern als Facetten von Georgs Persönlichkeit betrachtet. Wie der Blick auf die Forschung zeigt, stellt sich eine eigene Interpretation als sehr schwierig heraus. Dem Leser scheinen Informationen zu fehlen um die Gründe des Urteils nachzuvollziehen. Dies könnte die unzähligen Interpretationen erklären, die versuchen jene Kluft zu schließen. Obwohl man sich also im Vergleich zum Strukturalismus vom Untersuchungsobjekt entfernt, so bleibt jenes doch die letzte Instanz.
Wie ist das Urteil denn nun aber zu erklären?
Aus rezeptionsästhetischer Sicht handelt es sich um einen Akt purer Willkür. Georgs Verhalten an sich gibt keinerlei Anlass zu einem Todesurteil. Der Text ist also eine Kritik Kafkas an dem Missbrauch der elterlichen (hier: väterlichen) Macht.
Man sieht, dass keine der beiden Betrachtungsweisen zu einem eindeutigen Ergebnis geführt hat. Zwar lieferten beide einiges an Material um das ‚Urteil’ besser zu verstehen, wieso es nun aber dazu kam, das konnte keine von ihnen beantworten.
Die Erklärung hierfür könnte allerdings nicht in der scheinbar mangelhaften Methode zu finden sein, sondern höchst wahrscheinlich im Werk selbst.

Anm. Martina:
Ich bin mir nicht sicher, wie rezeptionsästhetisches Vorgehen in der Literaturwissenschaft wirklich praktisch funktioniert. Aber sollte es nicht irgendwie um den Erwartungshorizont gehen? Also dass man vergleicht, ob das Werk damals innovativ war, welche anderen Werke es gab, die ähnlich waren usw. Ziel wäre es dann, festzustellen, wie das Werk, zb das Urteil, von den Zeitgenossen Kafkas aufgenommen wurde.






Worin unterscheiden sich mittelalterliche von modernen Texten, wenn es um die 'Anwendung' von literaturtheoretischen Positionen geht?

abänderung der frage laut keller plus antwort:

17) Worin unterscheiden sich (statt wie ursprünglich mittelalterliche, jetzt abgeändert in:) klassische/romantische von modernen Texten, wenn es um die 'Anwendung' von literaturtheoretischen Positionen geht?

Martina:
Ich hab einmal angefangen, Texte bzw literaturtheoretische Positionen auf das Problem der Interpretation alter und neuer Texte hin durchzulesen, bin aber nicht sehr weit gekommen. (Ich hoffe, die Frage so richtig verstanden zu haben: In wie weit verschiedene literaturtheoretische Positionen für die Interpretation alter und neuer Texte geeignet sind bzw was die entsprechenden Texte über dieses Problem aussagen.) In der nächsten Mailrunde dann mehr dazu, vielleicht kommen ja auch noch Anregungen von anderen Leuten!

nach Eagleton:
Die Interpretation und Bewertung literarischer Werke wird bis zu einem gewissen Grad immer von den Interessen der Rezipienten beeinflusst. Das heißt, dass dieselben Primärtexte von unterschiedlichen Rezipienten zu unterschiedlichen Zeiten auch unterschiedlich gelesen und somit quasi „neu geschrieben“ werden. (Eagelton S. 8-9) Theoretisch müssten wir also aktuelle Texte leichter (und dem Autor gemäßer) interpretieren können als zb Texte der Klassik/Romantik. Nach Eagelton werden wir als heutige Leser diese Texte immer etwas anderes bewerten als die Rezipienten aus der Produktionszeit der Texte.

nach der Rezeptionsästhetik/Jauß:
Um Texte interpretieren zu können bzw festzustellen, wie sie zu ihrer Entstehungszeit aufgenommen wurden, wie sie gewirkt haben, aber auch wie sie produziert wurden, ist es wichtig, den Erwartungshorizont des Publikums ihrer Zeit zu kennen. Dieser ist im Vergleich mit den zuvor produzierten Texten, den zu jener Zeit bekannten Werken usw. festzustellen (siehe Frage 19). Die Untersuchung des Erwartungshorizontes des Publikums vergangener Zeiten, zb der Klassik oder der Romantik, ist als komplizierter anzunehmen als die Analyse des heutigen Erwartungshorizontes, da der aktuelle Literaturtheoretiker nicht Teil dieses Publikums ist. (Man muss daher mehr rekonstruieren, muss acht geben, dass man nicht falsch interpretiert aus dem Denken unserer Zeit heraus.) Der Erwartungshorizont ist prinzipiell dynamisch, veränderlich und muss daher für jede zu untersuchende Zeit neu festgestellt werden, unterscheidet sich daher auch zwischen Klassik, Romantik und heute.

Niki (Antwort zu Frage 9 – Staiger „Lampe“):
Je älter ein Gedicht ist, desto mehr ist man darauf angewiesen Sprache und Lebensraum eines Dichters zu benennen. Zuerst hat man ein bestimmtes Gefühl, wo man es einordnen würde und danach prüft man es nach. Biographische und philologische Prüfungen zeigen mir, ob ich zeitlich und räumlich richtig getippt hätte. Jedes Gedicht sollte im Ganzen der Menschheitsgeschichte betrachtet werden.
bei 9) auch noch weiteres zum Vergleich alte – neue Texte


Skizzieren Sie die wichtigsten Positionen Julia Kristevas

antworten:


Connie (über Kristeva in Bezug zu dem Text, den wir gelesen haben):
Kristeva übernimmt von Bachtin den Ausdruck des Dialogismus.
Die dialogischen Beziehungen, die in der poetischen Sprache durch das Durchbrechen gesellschaftlicher und grammatischer Normen z.B. im polyphonen Roman entstehen, stellen einen untrennbaren Zusammenhang zwischen dem Text und dem geschichtlich-gesellschaftlichen Kontext her.
Kristeva beschreibt den literarischen Text als „Modell der Architektur der poetischen Bedeutung“;
jeder Text ist der semantische Schnittpunkt einer Vielzahl von Texten in einem Dreidimensionalen Text-Raum. Der Textbegriff wird auf das Subjekt erweitert: Der Diskurs erhält ein Subjekt(=Ort??) der Aussage, den Autor; der Adressant(Leser) repräsentiert den Diskurs und wird daher ebenfalls als Text gesehen, auf den sich der Text bezieht usw. Der gleichzeitige Prozess von Aufnahme und Antwort von Texten, direkte oder indirekte, auf bereits gelesene/aufgenommene Texte, nennt Kristeva Ambivalenz.
Da Subjekte(Autor, Leser) in den Textbegriff einbezogen werden stehen nur Texte miteinender in Beziehung – INTERTEXTUALITÄT.
Die Intertextualität zeichnet sich durch die Überlagerung und dialogische Verknüpfung der Textebenen aus - „Mosaik von Zitaten“, Umformung -> kleiner Ausschnitt in neuem Zusammenhang, Möglichkeit des Weiterdenkens oder Uminterpretierens.
Strukturbegriff ist dynamisch, Intertext unendlich

Klaus:
Kristeva geht von Bachtin aus. Sie untersucht zunächst den Wortstatus. Das Wort im intertextuellen Raum. „Jeder Text baut sich als Mosaik von Zitaten auf, jeder Text ist Absorption und Transformation eines anderen Textes.“
Der Text wird also als Absorption eines anderen Texts und als Antwort auf einen anderen Text gesehen. Der Text kann nun nicht mehr allein von der Linguistik erfasst werden. Daher ist eine Wissenschaft notwendig, die Bachtin Translinguistik nennt, „die vom Dialogismus der Sprache ausgehend die intertextuellen Beziehungn begreifen könnte, Relationen, die der Diskurs des 19. Jahrhunderts „gesellschaftlichen Wert“ oder „moralische Botschaft der Literatur nennt“ Die Intertextualität ist unendlich.
Linguistisch wird der Begriff des Double eingeführt. Er impliziert, dass die minimale Einheit der poetischen Sprache zumindest eine doppelte ist. Die wissenschaftliche Verfahrensweise beruhend auf einem logisches System (falsch/wahr; Nichts/Notation) ist Untauglich um das Funktionieren der poetischen Sprache u erklären.

Hanna (über Kristeva allgemein):
Kristeva reflektiert die Subjektwerdung in enger Verbindung zur Sprache. Zwei zentrale Begriffe in ihrem Denken sind die Begriffe des „Semiotischen“ und des „Symbolischen“. Das Semiotische knüpfe stark and die präödipale (vorsprachliche) Phase an und bezeichnet einen lustvollen Artikulationsraum, der noch nicht von der männlich geprägten Sprache beeinflusst bzw. gestört sei. Das Semiotische zeigte sich vor allem in der poetischen Sprache der Avantgarde, wo es in den rhythmischen, klanglichen und rhetorischen Besonderheiten besonders stark zum Ausdruck komme. Diese Besonderheiten seien der männlich dominierten sprachlichen Ordnung und Sinngebung, der symbolischen Ordnung, entgegengesetzt. Der Eintritt in die symbolische Ordnung beginnt mit dem sog. Spiegelstadium, jenem Stadium, in dem sich im Kind ein Bewusstsein seiner selbst entwickelt. Der Übergang in die symbolische Ordnung findet seinen Abschluss in der Trennung von der Mutter. Mit dieser Trennung geht gleichzeitig die Verdrängung der triebgesteuerten präödipalen Phase einher. Dieses präödipale Kontinuum bezeichnet Kristeva als „chora“ (gr. leerer Raum). Eher als eine Theorie der Weiblichkeit jedoch glaubt Kristeva an eine Theorie der Subversion, der Randgruppen, der Dissidenz. In ihrem Hauptwerk „Die Revolution der poetischen Sprache“ führt sie einen eigenen Textbegriff ein, der eine neue revolutionäre Zeichenpraxis bezeichnet. Kristeva bezeichnet Text „als Wiederaufnahme der semiotischen chora im Apparat der Sprache“. Dies bedeutet, dass auch der avantgardistische Text, der gleichsam semiotisch verfährt und nicht durch die Sprache der symbolischen Ordnung gebändigt ist, mit dieser Ordnung zurechtkommen muss.




hoffe, das hilft.
lg,
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Verfasst: Mi 25.Jun 2008, 21:42
von pola
wow spitzenmäßig.
und könntet ihr mir vielleicht auch bei diesen fragen helfen. Ich war in der stunde nicht da und weiß leider nicht worum es geht dankeschön.

Was versteht Bachtin unter 'monologisch' und 'dialogisch'? Welche Gattungen verknüpft er mit den beiden Begriffen?

Wofür steht der "Karneval" bzw. das "Karnevalistische" bei Bachtin?

Welche Facetten der Kunst der Interpretation zeigt Staiger anhand von Mörikes Gedicht "Auf eine Lampe"?

Verfasst: Mi 25.Jun 2008, 22:33
von w.e
das waren 2 stunden. o.O
antwort ppm

Verfasst: Mi 25.Jun 2008, 23:17
von pola
Ich weiß ich war krank, ich war eh so sauer. mann konnte ja zwei mal fehlen. Bis jetzt bin ich auf jeden fall noch in der übung.
aber bitte könntet ihr mir helfe, ich bin so verzweifelt,